Restauration einer Tischuhr „Breguet à Paris“ (mit Neuenburger 3/4h-Schlagwerk)

DSC_1716Die Restauration dieser schönen Tischuhr entpuppt sich nach der ersten Diagnose als eine wahrhaftig anspruchsvolle Arbeit. Das Uhrwerk mit Neuenburger 3/4 h-Schlagwerk auf zwei feine spiralförmige Gong-Stäbe, ist grundsätzlich von guter Qualität. Um aber auch in Zukunft einen zufrieden stellenden Gang dieser Uhr zu erreichen und den Zustand des Werkes auf ein anständiges Niveau zu heben, bedarf es gewisser notwendiger Eingriffe.

Die Rückplatine, welche beim Öffnen des Gehäuses sichtbar wird ist vollständig und alle diese sichtbaren Schrauben sind in einem guten Zustand. Diese müssen höchstens etwas nachpoliert werden.


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Die Frontplatine des Uhrwerkes wurde über die Jahre klar vernachlässigt. Der Schraubenkopf für den Ankerkloben ist halb ausgebrochen. Hierfür muss aus einem Rohling eine neue Schraube angefertigt werden, welche sich gut in das Gesamtbild einfügt. Die restlichen Schrauben sind grösstenteils ausgebrochen und in durchwegs schlechtem Zustand. Die Schraubenköpfe müssen zuerst mittels Schleifgabron und Stahlpunzen wieder in Form gebracht werden. Danach werden sie mit Filz und Schwabeleinsatz poliert.


Der Mechanismus des Schlagwerkes verfügt über zwei Hammerwellen und eine dritte zwei-teilige Welle, welche die Verbindung zum

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Hebstiftenrad herstellt. Die Enden der Hammerwellen sind jeweils mit einem kurzen Vierkant-Ansatz versehen. Auf diesen sitzen die Anschlagsflügel, welche auf diesogenannten Prallstiften fallen und somit die Schlaghämmer in der richtigen Position stoppen.

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Der fehlerhafte und minderwertige Flügel wird mit Sekundenleim auf ein Reststück Altmessing fixiert. Aus diesem Messingstück wird nun das neue Funktionsteil entstehen. Nach der Positionsbohrung für den Vierkant, wird der Rohling ausgesägt.

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Das einpassen der Grobform des Wellenflügels auf die Stundenhammer-Welle setzt viel Geduld voraus. Wiederholtes Ausprobieren am Stück ist von grösster Wichtigkeit, denn der Vierkant muss schlussendlich satt zu sitzen kommen.

Das fast fertiggestellte Teil wird nun noch einer ästhetischen Finissage unterzogen. Beide Flügel werden schlussendlich nach der Reinigung mit zwei passenden, konischen Stiften fixiert.


 

Nun müssen diverse Hebel, Achsen und Schlagwerk-Komponenten mit dem Handstück vorsichtig entrostet werden. Hierfür ist grosses Fingerspitzengefühl erforderlich. Geschwindigkeit und Druck sind entscheidend für ein schönes optisches Ergebnis.


Danach widmen wir uns dem gesamten Räderwerk. Sämtliche Räder und Triebe werden auf Funktion und Vollständigkeit geprüft. Jeder Radzapfen muss einzeln begutachtet und beurteilt werden. Konische Zapfen müssen unbedingt in Ihrer Form belassen werden. Die konische Zapfenform war im Uhrenbau zu jener Zeit geläufig und hatte neben der Reibungsvermindernden Aufgabe, eine positive Wirkung auf den Ölerhalt in den Lagern über längere Zeit.

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Der Zahnkranz der Federhaustrommel des Gehwerks wurde unvorteilhaft repariert und ist jener Position im Durchmesser zu gross. Die vier fehlerhaften Zahneinheiten verursachen einen schlechten Eingriff ins Achttagerad was bis zur Blockade des Werkmechanismus führen kann.

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Mit feinsten Uhrmacherfeilen wird diese Problemzone wieder in Form gefeilt und fein gebürstet.

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Nun werden die Platinen einer Auffrischungskur unterzogen. Mit dem 1000er Schleifpapier muss der sanfte Vorschliff ausgeführt werden.

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Mit dem Metallpolish „Metharex“ erhält das Material einen dauerhaften Glanz. Es soll aber auch hier betont werden, dass danach kleine Kratzer und Schläge durchaus noch zu sehen sein sollen. Diese gehören zur Geschichte dieser Uhr.


Glücklicherweise sind die Zugfedern von Geh- und Schlagwerk noch in gutem Zustand und sind auch in Ihren Dimensionen zum Federhaus perfekt passend. Alte Zugfedern müssen wenn möglich immer behalten werden, da sie einen versteckten Wert einer Uhr darstellen.

Nachdem die Oberflächen der Federhäuser behandelt und die Komponenten im Ultraschall gründlich gereinigt wurden, kann die Aufzugsstellung beim Gehwerk eingestellt werden. Diese wird beim Aufzug von einer Umdrehung positioniert und arretiert. Somit wird nur die optimale Federkraft der Zugfeder genutzt. Leider werden Aufzugsstellungen wie die hier beschriebene auch heute noch oftmals entfernt, was den Wert einer Uhr dieser Generation vermindert.

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Nachdem alle Komponenten des Uhrwerkes gereinigt wurden, kann mit dem Aufrichten (Zusammenbau) des gesamten Mechanismus begonnen werden. Da die Teile nach dem Laugenbad eine schön, helle Farbe bekommen haben, ist es nun wichtig, nur noch mit Silikonhandschuhen zu arbeiten, da sonst durch Berührung längerfristig unschöne Oxidationsspuren entstehen können.

Die sichtbaren, konischen Stahlstifte, für die Rückplatine werden genau zugefeilt und mit dem Hohlfräser finissiert.

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Nun müssen bei abgespanntem Zustand der Federhäuser nochmals alle Höhenspiele und Radeingriffe überprüft werden.

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In diesem Falle sind auch der Hemmungsradstifte grosse Beachtung zu schenken. Diese müssen alle horizontal dem Ankerradreif entspringen.

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Bevor die Uhr einer ersten Testphase unterzogen wird werden das Zeigerwerk und alle Teile der Frontplatine befestigt und wo nötig positioniert.

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Bei der ersten Funktionskontrolle muss das Repère (Abfall oder Hinken) der Ankerhemmung sowie alle Schlagwerkauslösungen überprüft und eingestellt werden.

Die richtige Funktion der Gahamhemmung (engl. Dead beat escapement) ist von zentraler Bedeutung. Diese ist entscheidend für eine schöne Schwingung des Pendels und einen regelmässigen Gang über den gesamten Funktionszyklus. Anker und Ankerrad werden mit einem Stopp-Oil-Verfahren (Tauchbad) behandelt, um die Schmierung über Jahre an Ort zu behalten.

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Nun wir die bei dem Ausbau des Werkes beschädigte Werkbefestigungsschraube aufgefrischt und über der Spritflamme blau angelassen.

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Der erste Einbau des Werkes führte zu Tage, dass das Anziehen der oberen Fixage-Schraube eine Blockade des Schlagwerkes verursacht. Um dieses Problem zu lösen…

…muss ein gehärteter Tamponstahl auf Mass gedreht werden.

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Dieser wird zwischen den Platinen und beim oberen Werkpfeiler eingelassen und positioniert.

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Nun ist eine Verschiebung der Platinen auch beim Anziehen der Werkbefestigungen nicht mehr möglich.

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Nach dem erneuten Einbau des Uhrwerkes ist ebenfalls darauf zu achten, dass Minuten-und Stundenrohr zentrisch in Zifferblatt-Loch eingelassen wird, um eine Zeigerstreifung im Zentrum zu vermeiden. Nun werden die entrosteten und gereinigten Gongfedern im Holzgehäuse befestigt. Um ein Scheppern zu verhindern, sind die Hämmer vorsichtig zu richten.

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Zum Schluss wird die Funktion des Pendels sowie die Positionen der Gongfedern zur Pendelbewegung im Gehäuse geprüft. Das Gehäuse wir äusserlich sorgfältig mit einem speziellen Gehäusepflegemittel leicht aufpoliert.

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Le voila, ein ausserordentlich schönes Stück!